Polarisation der Aufmerksamkeit (PdA)

1. Aufsatz zu Schlüsselbegriffen der Montessori-Pädagogik

PdA im Kontext der Menschenbildes Maria Montessoris

Maria Montessori sieht Kinder mit den Augen einer beobachtenden Ärztin, gläubigen Philosophin und einfühlsamen Pädagogin:

„Das Mädchen wiederholte die gleiche Tätigkeit mehr als vierzig mal, trotz einiger Störungen seitens der Gruppe. Danach wirkte das Mädchen glücklich, entspannt, zufrieden und wandte sich ebenso glücklich, entspannt und zufrieden anderen Kindern zu.“

„Diese Beobachtung ließ zum einen darauf schließen, dass es sich um eine außerordentlich intensive Auseinandersetzung mit dem Gegenstand handelte, bei der die Konzentration des Kindes bis zur völligen Isolation von der Außenwelt führte, und zum anderen, dass etwas im Inneren des Kindes geschah, was sich auf seine Befindlichkeit und auf sein Verhalten anderen gegenüber auswirkte, offensichtlich Gefühle wie Freude, Heiterkeit, Ausgeglichenheit.“ (Fischer S. 36)

Weiter beobachtet sie, dass sich das Kind im Anschluss …

„…gedrängt fühlt, eine Beziehung zu den Menschen seiner Umgebung herzustellen, sich Erziehern/Lehrern und Kindern freudig zuzuwenden, um sich mit ihnen auszusprechen.“ (Fischer S. 37)

Das, was sich da in dem Kind abspielt, nennt Maria Montessori Polarisation der Aufmerksamkeit (im Folgenden kurz PdA). Die große Zahl zentraler Begriffe ihres pädagogischen Ansatzes, die Maria Montessori mit diesem Phänomen in Beziehung setzt, mag Indiz dafür sein, welch große Bedeutung sie dieser zumisst:


  • Normalität


  • Vorbereitete Umgebung


  • Freie Wahl der Arbeit


  • Freiheit und Disziplin


  • Friedenserziehung


  • Deviation



Maria Montessori webt alles, was sie von den Kindern über das Lernen lernt, in ihr Menschen-Kinder-Bild ein:


  • Jedes normale Kind ist von Hause aus neugierig. Es will lernen und will sich selbst entwickeln. Kein gesundes Kind muss also zum Lernen überlistet, überredet oder gar gezwungen werden.


  • Das normale Kind hat die Fähigkeit, sich dem eigenen Wachstum hinzugeben.

  • Jedes Kind trägt in sich selbst den eigenen Weg. Die Umgebung selbst ist sein Lehrer. Aufgabe von Lehrern und Erziehern ist es, dafür zu sorgen,…

    • dass die Welt nie zu klein ist, so dass das Kind wachsen kann und nie zu groß, damit es sich nicht verliert.


    • dass die Welt, in der das Kind lebt, immer Herausforderung ist , aber nie Überforderung;


    • dass die Welt sich selbst erklärt: hierzu braucht es Vorbilder und Strukturen;


    • dass das Kind sich als relevant und kompetent erfährt;


    • dass das Kind nicht von einem Überangebot an Reizen von den Dingen abgelenkt wird, die es in dieser Lebensphase ablenken;

Solange ein Kind alles vorfindet, was es für seine Entwicklung braucht, und solange es den ihm eingeschriebenen Weg in Freiheit und Selbstbestimmung gehen kann, solange es also in Frieden mit seiner Umwelt lebt, trägt es diesen Frieden, den es leben darf, auch hinaus in die Welt.

Wo wir also PdA beobachten, wissen wir, dass hier gerade Lernen gelingt. Mehr noch: dieser Gipfel menschlichen Lernens ist für Maria Montessori „Normalität“, in dem Sinne, dass der Mensch (das Kind) hier gerade voll und ganz Mensch (Kind) ist. Und es geht um mehr, als um Lernen im Sinne von „Sich-Wissen-Aneignen“. Das Kind konstruiert sich gerade selbst; generell in jedem Lernen, und ganz besonders in dessen höchster Vollendung: Hier geht es nicht nur um den Verstand, sondern um die ganze Person:

„Weil die Kinder etwas bis zum letzten Detail sorgfältig tun wollen, und ihre Übungen immer exakter ausführen, betrachtet Montessori die PdA … als einen Teil der Charakterentwicklung“. (Fischer S. 37)

„Die PdA gilt für Maria Montessori als Ursprungsort des elementaren Ordnungs- und Entwicklungsprinzips menschlicher Personalität, die dem Aufbau einer Mitte dient, welche den Menschen zentriert und ihn befähigt, über sich selbst in Verantwortung zu verfügen“ (Holstiege 1983, S. 174) (Fischer S. 37)

„Sie (die PdA) wirkt auf den ganzen Menschen und macht ihn in besonderer Weise gemeinschaftsfähig und gemeinschaftswillig.“ (Fischer S. 37)

„Ziel ist für Maria Montessori das normalisierte , d.h. psychisch gesunde Kind, das ist der Lage ist, moralisch und sozial verantwortlich zu handeln.“ Fischer S. 37)

Lernen heißt sich selbst konstruieren. Das ist (harte) Arbeit und der einzige und zugleich höchste Lohn ist: ein besseres ich selbst. Besser nicht im moralischen, sondern im existenziellen Sinn:

„Es ist entscheidend, sich ständig der Tatsache bewusst zu sein, dass lernen nicht dadurch erfeulich wird, dass man es trivialisiert, indem man es einfach oder angenehm und lustig macht. Die Härten und Gefahren des Kletterns am Felsen geben wahrscheinlich ein besseres Modell für die Lernfreude ab, als die verkünstelten Lehrtechniken, die auf eine hedonistische, dem Fluchtgedanken nahestehende Konzeption der Freude zurückgehen.“ (Fischer S. 44)

Deviation

Im Umkehrschluss ist das Fehlen von dieser (höchsten) Normalität zwangläufig Deviation, Abweichung. Fehlen diese (täglichen) kontruierenden Momente, fehlen für Maria Montessori wenigstens teilweise die Voraussetzungen für menschliche Entwicklung:

Eine Schule, die tiefe Konzentration ermöglicht, würde gleichzeitig Freude bereiten. Im Grunde ist es so, dass jede Arbeit, die kein Flow ermöglicht, auf einer Skala der sozialen Kosten sehr hoch eingestuft werden müsste, da sie zur menschlichen Stagnation beiträgt und entsprechend das Bedürfnis nach äußeren Belohnungen oder billigen Erregungserlebnissen erhöht, welche das Wachstum von Fähigkeiten erstickt.

„Darauf resultiert als Arbeitsauftrag für die Forschung, experimentell herauszufinden, welche Kombinationen von Anforderungen und Fähigkeiten für ein Schulzimmer, für ein Quartier oder für eine Wohnung vorgesehen werden können, so dass möglichst viele Menschen Zugang zu Flow haben.“ (Fischer S. 44-45)

Können Kinder diese Momente nicht erleben, starren sie nicht nur einem Mangel in den Rachen. Nein, wir müssen noch stärker formulieren: Dem Kind wird Gewalt angetan.

„Andererseits weisen die schwerwiegenden Auswirkungen von Flow Entzug darauf hin, dass manche Schüler eine subtile Form von Folter erleiden, wenn sie an autotelischer Tätigkeit gehindert werden, was das Gefühl zur Folge haben kann, sich grundlos extrem müde, schläfrig, reizbar und niedergeschlagen zu fühlen oder vermehrt unter Kopfweh zu leiden, aber auch Konzentrationsschwäche oder das Gefühl, zu einer Maschine geworden zu sein.“ …

„Deshalb lässt sich vermuten, dass zwischen Entzug von Flow und gedanklichen Störungen, welche bis zur Hospitalisierung führen können, eine Beziehung besteht.“ (Fischer S. 40)

Das Flow-Phänomen nach Mihaly Csikszentmihalyi

Das Lesen eines Buches kann den Leser in einer Weise gefangen nehmen, dass er die Weilt um sich herum komplett vergisst. Auch eine ganze Reihe von anderen Tätigkeiten ist in der Lage, Menschen in einen Zustand zu versetzen, in dem sie völlig in die Tätigkeit eintauchen, die sie gerade ausführen:

  • Das Telefon, das unmittelbar vor mir auf dem Schreibtisch steht und laut um Aufmerksamkeit schreit, nehme ich gar nicht wahr und die Kollegen müssen mir auf die Schulter tippen, um mich in die Welt zurück zu holen.
  • Mir fällt der wissenschaftliche Versuch ein, bei dem Versuchspersonen zählen sollen, wie oft ein Ball in einer Gruppe den „Besitzer“ wechselt. Über längere Zeit läuft ein als Gorilla verkleideter Mensch kreuz und quer durch die Szenerie. Die Hälfte der Beobachter sieht ihn gar nicht, so sehr geben sie sich der gestellten Aufgabe hin.

Mihaly Csikszentmihalyi nennt dieses Phänomen „flow“. Und er identifiziert eine Reihe von Aspekten, die Flow erzeugenden Aktivitäten gemeinsam sind. Dazu gehört zum Beispiel die optimale Passung von Anforderungen einer Aufgabe mit den Fähigkeiten der ausführenden Person. Befindet sich eine Person im Flow, spielt auch Zeit keine Rolle mehr. Stunden vergehen wie Minuten im Sog der Tätigkeit. Und obwohl diese den „Betroffenen“ mitunter höchste Anstrengung abverlangen, fühlen sie sich am Ende erholt. Was sie gerade erlebt haben, hinterlässt bei ihnen ein Gefühl des Glücks.

Insgesamt nennt Mihaly Csikszentmihalyi neun Punkte, von denen fünf eher den Voraussetzungen für Flow entsprechen und vier den Folgen:

  1. Die Ziele sind klar.

  2. Die Rückmeldung kommt sofort.

  3. Handlungsmöglichkeiten und Fähigkeiten entsprechen einander.

  4. Die Situation wird beherrscht.

  5. Die Aktivität ist „autotelisch“, das heisst, die Zielsetzung liegt in der Aktivität selbst.

    6. Die Konzentration steigt.

    7. ​Was zählt, ist die Gegenwart.

    8. Das Zeitgefühl verändert sich.

    9. Das Ich-Bewusstsein setzt aus.

Viele Menschen befinden sich sogar sehr oft in diesem Zustand – und dies vor allem beim Arbeiten am Computer:

„Im Flow-Zustand folgt Handlung auf Handlung, und zwar nach einer inneren Logik, welche kein bewusstes Eingreifen von Seiten des Handelnden zu erfordern scheint. Der Prozess wird als ‚einheitliches Fließen’ von einem Augenblick zum nächsten wahrgenommen, wobei der „Betroffene“ Meister seines Handelns ist und kaum eine Trennung zwischen sich und der Umwelt, zwischen Stimulus und Reaktion oder zwischen Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft verspürt.“ (Csikszentmihalyi 1999a, S. 59) , Hugentobler S. 8

Mihaly Csikszentmihalyi definiert „Flow“ als …

„die optimale Herausforderung an das Können und Wissen eines Menschen und seine Absorption durch diese Aufgabe. Hierbei wird die Freude, die entsteht, durch eine (vollzogene) innere Vorwärtsbewegung hervorgerufen … Wir wissen, dass wir uns verändert haben. In gewisser Weise sind wir dadurch innerlich komplexer geworden.“ (Hugentobler 3)

„Die Aktivität wird als einziges Fliessen wahrgenommen, was schlussendlich auch namensgebend für diesen mentalen Zustand, den „Flow“, war.“ (Hugentobler, S. 18)

„Autotelische Aktivitäten führen zum Flow-Erleben und wurden von Teilnehmern in mehreren seiner Befragungen als dem Entwerfen und Entdecken von etwas Neuem, dem Erkunden eines fremden Ortes und dem Lösung eines mathematischen Problems sehr ähnlich eingestuft.“

„Eine Aktivität, die einem Freude bereitet, vermittelt das Gefühl kreativen Entdeckens, des Bewältigens von Anforderungen, des Lösens von Schwierigkeiten. Wer eine Aktivität in dieser Weise wahrnimmt, neigt dazu, aus ihr selbst Freude zu beziehen.“ (Fischer S. )

„Man nimmt sich nicht mehr als unabhängig von der verrichteten Tätigkeit wahr, Handlung und Bewusstsein verschmelzen.“ (vgl. Hugentobler, S.18)

„Deine Konzentration ist vollständig. Deine Gedanken wandern nicht herum. Du denst an nichts anderes: du bist total in deinem Tun absorbiert. Deine Energie fließt sehr leicht. Du fühlst dich entspannt, angenehm und energievoll.“ (Csikszentmihalyi 1991, 3 S 63, 91 f.(Fischer S. 39)

Ja sogar die Zeit läuft anders.

„Während des Flow Erlebnisses braucht man keine Ziele oder Belohnungen, die außerhalb seines Selbst liegen.“ (Fischer S. 40)

„Jemand, der lernt, Flow zu erleben, wo immer er oder sie gerade ist, wird sich sowohl autonom als auch weltverbunden erleben, und weniger extrinsische Anreize bauchen, um sich den Härten der Existenz zu stellen. Ein solcher Mensch erreicht eher den Punkt, an dem er seine Fähigkeiten mit der Umwelt in Einklang bringen kann und sich in Harmonie mit der Welt befindet. … Menschen hingegen, die keine Flow-Erfahrungen machen, werden sich verstärkt Ersatzbefriedigungen mit Flucht oder Konsumcharakter zuwenden und sich selbst entfremden. Deshalb sind Lösungen zu suchen, die so vielen Menschen wie möglich ein Muster des persönlichen Wachstum nahebringen.“ (Fischer S. 40-41)“

Was passiert bei Flow im Gehirn?

Natürlich ist es interessant, zu verstehen, was genau bei Flow im Gehirn vor sich geht.

Da zum einen die Bedeutung der verschiedenen im Gehirn gemessenen Wellen bekannt ist, und zum anderen mittlerweile Flow gezielt im Labor ausgelöst werden kann, und man so die damit verbundenen Gehirnströme messen kann, sind wir in der Lage, objektiv zu beschreiben, was beim Erleben von Flow in einer Person geschieht:

„Wird das unterschiedliche Verhalten von Hirnwellen mit oder ohne Flow analysiert, lässt sich sagen, dass sich Theta-, Midrange-Beta- und High-Beta-Wellen im Flow-Zustand erhöhen. Es  könnte also die Aussage gemacht werden, dass sich die Testpersonen im Flow entspannter fühlen (Theta), konzentriert und fokussiert auf die Aufgabe (Midrange-Beta) oder angespannt sind (High-Beta).“ (Hugentobler, S. 133)

Die Gehirnströme erzählen uns davon, dass es zwei Arten von Flow zu geben scheint:

„So steigt beim Lesen eines Buches zum Beispiel der Anteil der Alpha-Wellen signifikant an. Dies deutet auf Entspannung hin. Beim Spielen eines Lernspiels hingegen sinkt der Anteil der Alpha-Wellen, woraus man den Schluss ziehen kann, dass die Person im Flow weniger entspannt ist als ohne Flow. Zur Unterscheidung werden die beiden Zustände in Slow Flow und Fast Flow unterteilt. Slow Flow für die weiche Form, die eine Alpha-Welle darstellt, Fast Flow für die kantige, schnelle Wellenbewegung einer Beta-Welle, die Anspannung widerspiegelt.“ (vgl. Hugentobler S. 149)

Doch letztlich erzählen uns auch die Gehirnströme wieder nur von den Wirkungen von Flow: Entspannung, Konzentration etc. Die eigentliche Geschichte, der eigentliche Grund hinter Flow, bliebt weiterhin im Dunkeln. Es sei denn, wir fragen nach dem Zusammenspiel von Bewusstsein und dem Unbewussten. Und genau das scheint Mihaly Csikszentmihalyi ebenfalls zu tun. Denn immer wieder spricht er von den Auswirkungen von Flow auf …

  • das Bewusstsein in Bezug auf die Umwelt,

  • die eigene Person und

  • die Tätigkeit.

Zusammenspiel von Bewusstsein und dem Unbewussten

Ein Neurobiologe aus Freiburg formuliert provokativ: „Unterrichtet nicht den Menschen, sondern das Tier“. Sind wir nicht immer beides: Mensch und Tier, gewissermaßen ‚zweieiige siamesiche Zwillinge‘? Es scheint, als würden wir in der Schule immer nur ersteren unterrichten.

„Durch das Eintauchen in eine Tätigkeit verschmelzen Handlung und Bewusstsein. Man ist sich seiner Handlungen zwar bewusst, aber nicht mehr seiner selbst. Somit gibt es keine dualistische Perspektive mehr“ (Csikszentmihalyi 1999a, S. 61). (Hugentobler S. 18)

„Die Handlung, die ausgeführt wird, geschieht fast automatisch, und es wird nicht mehr darüber nachgedacht, wie vorgegangen werden soll. Man verliert die Außensicht gänzlich und ist nicht in der Lage zu reflektieren.“ (Hugentobler S.18)

„Was gewöhnlich im Flow verloren geht, ist nicht die Bewusstheit des eigenen Körpers oder der Körperfunktionen, sondern lediglich das Selbst-Konstrukt, die vermittelnde Grösse, welche wir zwischen Stimulus und Reaktion einzuschieben lernen.“ (Csikszentmihalyi 1999a, S. 67) Hiugentobler S. 18)

„Die Abwesenheit des Selbst bedeutet nicht, dass jemand die Kontrolle über seine psychische Energie aufgibt oder nicht mehr wahrnimmt, was eigentlich vorgeht. Tatsächlich spielt das Selbst in diesem Zustand eine sehr aktive Rolle, indem es sich derart auf die Tätigkeit im Flow fokussiert, dass es selber in den Hintergrund gelangt.“ (Hugentobler S. 19)

Die Symptome von Flow lassen uns ahnen, dass es hier um beide geht. Denn …

  • Tiere kennen keine Zeit. Sie leben im Jetzt.

  • Normalerweise haben Tiere keinen Lehrer. Sie lernen selbst. Sie lernen autotelisch.

  • Tiere sind sich ihrer selbst nicht bewusst und haben keine Außensicht.

Sind etwa die beiden Paare

  • Mensch         –   Tier
  • Bewusstsein –   das Unbewusste

…im Grunde nur ein einziges? Tritt Flow / Polarisation der Aufmerksamkeit dann auf, wenn beide –Mensch und Tier, Bewusstsein und das Unbewusste– vereint in eine Richtung laufen, ohne dass der eine den anderen schleifen oder bremsen würde? Ist hier der Mensch glücklich, weil auch das Tier auf seine Weise lernen darf und deshalb glücklich ist? Finden in diesen Momenten beide zu einer harmonischen Einheit und laufen im Gleichschritt, ohne dass einer sich vernachlässigt fühlen würde?

Flow und Sucht

„Menschen, die in einer Tätigkeit Flow-Erfahrungen gemacht haben, suchen nach weiteren solchen Erlebnissen. Dies kann sich im Extremfall zu einer Sucht ausweiten“ (Csikszentmihalyi und Aebli 2005, S. 99). Hugentobler S. 47

„So toll dieser Zustand für den PC-Benutzer auch sein mag, trägt er hier ein grosses Suchtpotential mit sich. … In diesem Kontext nennt sie auch das Suchtverhalten, bei dem auf der Suche nach Flow nur noch einem einzigen Tätigkeitsfeld nachgegangen wird und andere Tätigkeiten dabei ignoriert werden. Neben der Suchtgefahr nennt sie beispielsweise auch eine Richtungslosigkeit, die durch die intrinsische Motivation entstehen könnte, da eine lernende Person durch den Fokus auf den gerade interessanten Reiz das Endziel aus den Augen verlieren könnte.“ (Hugentobler S. 47)

Wer könnte es den beiden verdenken? Der siamesische Zwilling sucht die Einheit seiner selbst. Und wenn er sie nicht im richtigen Leben finden kann, wird diese Suche eben zur Sucht.

„Besonders Kinder und Jugendliche verbinden einen grossen Teil ihrer freien Zeit mit Computerspielen. Dabei lernen sie komplexe Zusammenhänge, sind motiviert und vergessen darüber teilweise sogar die Zeit“ (Hugentobler S. 36)

______

Unbewusstes Lernen ist Lernen, ohne dass eine Kontrollinstanz vorgäbe, welche zwei Punkte gerade in Beziehung gesetzt werden sollen. Damit ist Unbewusstes Lernen per Definition Lernen in allen Zusammenhängen gleichzeitig. Und genau das ist eine Kernkompezenz des Tieres.

Was ist hier Ursache und was Wirkung? Wenn Menschen Flow suchen, dann suchen sie, wenn unsere Vermutung stimmen sollte, innere Einheit. Verweigert die Welt den Menschen, die Schule den Kindern, solche Momente, dann werden sie sich diese Einheit dort suchen, wo sie angeboten wird. Diesem Konflikt können wir nur dann begegnen, wenn sich Bildung dem Leben und der Konkurrenz stellt. Wenn sie ihren Bildungsanspruch erweitert und beide abholen will: Mensch und Tier!

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert